About

Karl Schlamminger 1935 - 2017:

Download Lebenslauf in Stichpunkten als PDF hier ...

Karl Schlamminger

 

Zur Welt kam ich 1935 im Allgäu. Nach vielen Umzügen der Familie lebte ich schließlich  mit der Großmutter und meinen beiden jüngeren Brüdern bis ans Kriegsende in ein­ Bauerndorf am  Fuß der  Zugspitze.  Tiere füttern,  Stall ausmisten, Hühner füt­tern, Eier einsammeln,  Hasen füttern, Schafe  hüten. Wenn der Bauer gut gelaunt  war, spritzte er mir beim Melken Milch ins Gesicht. Abends saß ich in der Kuhle mei­ner breitbeinig dasitzenden  Oma. Sie hielt die Gitarre so vor  uns hin, dass ich mit    der rechten Hand über die Saiten schrammeln konnte, während sie mit der Linken Akkorde griff. Für uns war der Krieg fern. Nur hoch am Himmel zogen die Geschwa­der vorüber. Später dann sah man den Feuerschein über   München.

 

An einem helllichten Frühlingstag war der Krieg zu Ende. Von einer Dachluke aus erlebte ich den Einmarsch der Amerikaner. Das sagt man so, aber ich habe nieman­den marschieren sehen. Eine bleierne Stimmung lag über Ehrwald. Die Menschen verkrochen sich in ihren Häusern, die Vögel schienen zu verstummen. Hie und da schwenkte ein Bauer aus einem Fenster ein weißes Tuch. Ein kleiner Panzer mit sehr langen Antennen fuhr wie ein Insekt durch das Dorf, als wollte er es abtasten. Als sich kein Widerstand regte, verwandelte sich der Ort im Handumdrehen in ein Kriegslager.

weiterlesen ....

Vom Kirschholz

 

Die glänzend schwarze Bohrfliege, Rhaguletis cerasi, nicht einmal fünf Millimeter groß, hat vor etwa 30 Jahren im Iran das große Kirschbaumsterben verursacht. Das immer sehr gesuchte Holz stand mit einem Mal in so großer Menge zur Verfügung, dass sogar schlanke Stämme beim Brennholz landeten. Auf so einem Holzhaufen in unserem Garten in Teheran fand ich ein aufregend schönes Stück, zylindrisch, gerade gewachsen, mit unversehrter Rinde. Ein Stück Holz, das ich nicht achtlos liegen lassen konnte.

In meiner Werkstatt war es zunächst gut aufgehoben. Hier begann seine 5. Jahreszeit, die Trocknung. Der Reifevorgang, bei dem sich das Überflüssige verflüchtigt und das Wesentliche verdichtet.

 

Mit dem süßlich-bitteren Duft von geknackten Obstkernen machte sich das Kirschholz wieder bemerkbar. In die Hand genommen, war ich überrascht: es war deutlich leichter geworden, der Zylinder etwas verzogen und ich spürte, wie das Holz unter Spannung stand. Die Borke war teilweise gerissen, abgeplatzt oder eingerollt wie Locken. Der darunter zum Vorschein gekommene honigfarbene Holzton erweckte meine Neugier und forderte meine ganze Aufmerksamkeit.

 

Immer wieder habe ich bei meiner Arbeit erfahren müssen, dass übermäßige Aufmerksamkeit allzu leicht das Risiko des Scheiterns herbeiführt. So auch hier. In der zwanghaften Absicht, etwas ganz Besonderes zu machen, ruinierte ich das ausgesuchte schöne Stück Kirschholz erst einmal. An einer Kreissäge mit einem besonders feinen und besonders scharfen Blatt macht ich mich darüber her und zersägte es in lauter gleiche Scheiben – je vielleicht 2mm stark – übrig blieb nichts als ein Haufen von Fragmenten gleicher Größe und Form sowie Sägemehl.

 

© 2021 Karl Schlamminger. All rights reserved.